4. Februar 2022
Streamen was das Zeug hält?
Das Internet kommt aus dem Handy und der Strom aus Steckdose, oder?

Kennen Sie in Ihrem Umfeld jemanden, der kein internetfähiges Gerät besitzt oder nutzt? Smartphone, Tablet, Laptop, Rechner? Die Digitalisierung nimmt stetig und unaufhaltsam zu. Ob im Gesundheitsbereich, Verwaltung, Kommunikation, Sicherheit und u.v.m. Die Entwicklung dieser Technologie ist vergleichbar mit dem Zeitalter der Industrialisierung, beginnend in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in England.

Dies bedeutet einen stetig steigenden Energiebedarf

Im privaten Bereich und auch durch die Corona-Pandemie hat das Videostreaming zugenommen. Zeitunabhängig und nach eigenem Geschmack sein Fernsehprogramm zu gestalten, wird sowohl durch die öffentlich-rechtlichen Mediatheken von ARD und ZDF, als auch von diversen Streaming-Diensten wie Netflix, Amazon und anderen von immer mehr Nutzern bevorzugt.

Die Bereitstellung der Inhalte ist energieaufwendig

In riesigen Serverfarmen bieten die Providerunternehmen weltweit ihre Dienstleistungen an. In Deutschland finden sich die mit bis zu 100.000 Quadratmeter Größten im Frankfurter Raum. Die Telekom ist beispielsweise mit einem Rechenzentrum von 5.400 Quadratmeter Fläche bei Magdeburg zu finden. Viel Strom verbrauchen einerseits die immense Anzahl an Rechnern und alle dazugehörenden Geräte. Sie produzieren wiederum große Mengen an Abwärme. Andererseits benötigen die Anlagen zur optimalen Klimatisierung der Hallen viel Strom.

Berliner Borderstep und das französische „The Shift Project“
Quelle: Wikipedia BY, CC -SA 3.0

Die Videostreaming-Angebote selbst erzeugen einen riesigen Datenverkehr. Stefanie Schramm vom Berliner Borderstep Institut für Innovation und Nachhaltigkeit wollte wissen, was diese Art der Unterhaltung für den Energieverbrauch und den Klimaschutz bedeutet. Herausgekommen ist: Eine Stunde Video Streaming in Full HD Auflösung benötigt je nach Gerät 250 – 350 Wattstunden elektrischer Energie oder um die 150 Gramm CO2. Dies entspricht   den CO2-Abgasen eines Kleinwagens für einen Kilometer Autofahren. Der französische Think Tank The Shift-Projekt fand heraus, dass das Online-Film-Schauen schon 2018 für rd. 300 Millionen Tonnen CO2 verantwortlich war. Das ist so viel, wie bisher ganz Spanien in einem Jahr ausgestoßen hat. Übrigens sind laut Studie 27 Prozent der weltweiten Onlinevideos Pornos.

Berliner Borderstep und das französische „The Shift Project“

Das sind die zwei Stellschrauben für die Eigenverantwortung. Klimaschutz funktioniert nicht mit Verboten, sondern durch praktische Alternativen, die in den Alltag integriert werden können. Beispielsweise wird durch die Reduzierung der Auflösung eines Videos auch die Datenmenge verringert (s. Abb. rechts). Und dann kommt es auf die Wahl des Endgeräts an. Statt auf einem großen Bildschirm sollte man den Film auf einem Tablet oder Smartphone schauen.

Dank der Zunahme der erneuerbaren Energien am Strom-Mix und einer verstärkten Suche nach nachhaltigen Lösungen bei Betreibern der Rechenzentren, geht eco, der Verband der Internetwirtschaft e.V., von einer europaweiten Reduzierung des CO2-Ausstoßes von Rechenzentren um ca. 30 Prozent bis zum Jahr 2030 aus. 

Es liegt an jedem selbst, bei welchen Anbieter man sein Internet bezieht. Nutzt dieser Ökostrom? Stehen die Server in Deutschland oder Übersee? Kleine Verhaltensänderung, wie z.B. der Wechsel der Suchmaschine oder das Löschen von alten Mails, wirken wie „der Pfennig/Cent für den Brautschuh“. In Norwegen entsteht ein modernes Rechenzentrum, dessen Kühlung mit dem Wasser aus einem nahen Fjord erfolgt. In Schleswig-Holstein rühmt sich das Start-Up WindCloud das erste CO2-absorbierendes Rechenzentrum Deutschlands zu sein. Sie nutzen den regionalen Windstrom in ihrem Rechenzentrum und betreiben mit der Abwärme eine Algenfarm auf dem Dach (https://windcloud.de/).

Jeder sollte bewusster mit dem eigenen Internet- und Medienkonsum umgehen. Die Auswirkungen des individuellen, persönlichen Handelns sind der Schlüssel zu mehr Klimaschutz.

Wenn Sie mehr als nur Interesse an mehr Klimaschutz haben und womöglich Maßnahmen planen, dann schauen Sie doch mal unter www.klimapatennetzwerk.de . Von MacherInnen für MacherInnen aus der Region.

Andrea Madea

Foto: Andrea Madea; Reduzierung der Videoqualität spart Datenmengen.